Montag, 27. Oktober 2008

Hawaii Ironman 2008 - der Bericht

Surfer suchen die perfekte Welle. Triathleten das perfekte Rennen.

Am 11.10. 2008 durfte ich so einen perfekten Sporttag erleben. In einem so langen Rennen kann so einiges passieren und schief gehen aber ein Sprichwort sagt:
„Luck is when opportunity meets preparation“.
Und ich hatte “Glück”.
Die Gelegenheit an diesem Rennen teil zu nehmen war schon lange geplant und gesundheitlich war ich nach dem schweren Unfall 2006
(Beinbruch) wieder 100% hergestellt. Die frühe Quali in Monaco im September 2007 nach der langwierigen aber extrem gut verlaufenen Rehabilitation nach dem Oberschenkelbruch brachten die nötige Planungssicherheit.
Die Vorbereitung war langfristig angelegt und verlief vor allem in den letzten acht Wochen vor dem Rennen nahezu reibungslos.
Dank der Hilfe des milden Wetters im September und einiger Tricks (Rollentraining im warmen Hallenbad) konnte ich zu Hause in Lemgo ein sehr gutes Training durchziehen und flog wie immer eine Woche vor dem Rennen nach Hawaii.
Das hatte sich bei meinen beiden vorherigen Starts schon bewährt. Selten war ich so austrainiert und fühlte mich einfach nur fit. Den Start konnte ich kaum erwarten aber war trotzdem sehr ruhig. Ich wusste, dass es ein gutes Rennen werden würde. Außerdem würde ich zwei Tage nach dem Rennen meine langjährige Verlobte Yvonne heiraten - die Aufregung wegen eines Sportwettbewerbes hielt sich in Grenzen!

Der Start verlief gut und nach ca. 500m waren die üblichen Positionskämpfe vorbei und es hatte sich eine Gruppe gefunden. Raus bis zur Wende und wieder zurück zum Pier. Keine besonderen Vorkommnisse und ich erreichte nach 55 Minuten die erste Wechselzone. Voll im Soll, gut geschwommen ohne viel Energie verbraucht zu haben – so hatte ich mir das vorgestellt. Der Wechsel klappte auch gut und schon saß ich auf dem Rad.
Anfangs hielt ich mich zu
rück, die ersten 10 km durch die Stadt wollte ich bewusst ruhig angehen, sitzen bleiben und mit der Verpflegung beginnen. Als es dann raus auf den Highway ging wurden die Beine schwer. Die erste Stunde auf dem Rad war recht zäh und ich verlor einige Positionen an teilweise extrem schnell fahrende Athleten. Bei den meisten wusste ich, dass sie das Tempo niemals durchhalten doch als mich Stefan Werner überholte wusste ich das ich ihn wohl erst auf der Laufstrecke wiedersehen würde.
Ich versuchte mehr zu essen und als es dann in den Anstieg nach Hawi zum Wendepunkt ging fand ich endlich ins Rennen. Die Beine waren jetzt da und ich machte wieder Boden gut. Die Abfahrt war durch starke Seitenwinde etwas gefährlich und machte auch nicht viel Spaß. Teilweise musste man sich krampfhaft am Lenker festhalten und aufpassen, nicht im Graben zu landen.
Der Aerohelm war auch eher hinderlich. Das übliche Tief zwischen 120 und 150 km bleib dank guter Nahrungsaufnahme diesmal aus und ich erreichte voller Tatendrang nach 4:50h auf Platz 6 der Amateurwertung den Wechsel zum laufen.

Ich fand schnell meinen Schritt und machte mich auf zum ersten Wendepunkt an der St. Peters Chapel – dem Ort wo ich zwei Tage später heiraten würde. Die Führenden kamen mir entgegen und ich verpflegte mich mit Gels und Wasser. Der erste Teil der Laufstrecke ist relativ einfach und die Zeit verging recht schnell. Zwei Minuten lag ich jetzt noch hinter dem führenden Amateur, Stefan Werner.
Nun kam die Palani Road – ein 300m langer Anstieg hinaus aus der Stadt auf den Highway. Der Wind stand hier im Rücken und es war sehr heiß. Zwei mal war ich hier 2003 und 2005 schon „geplatzt“, auf dem Highway gibt es keine Zuschauer
mehr und jeden Schritt in Richtung Energy Lab, dem zweiten Wendepunkt, muss man auch wieder zurück laufen. Oder gehen...
Doch diesmal machte ich alles richtig, blieb locker, kühlte den Körper mit Eis und stellte von Energie-Gels auf Cola um. Nach über sechs Stunden Renndauer kann der Körper nicht mehr viel mit langkettigen, komplizierten Kohlenhydraten anfangen. Braunes Zuckerwasser und Koffein ist dann der beste Treibstoff. Es „lief“ richtig rund und ich holte auch viele der 15 Minuten vor mir gestarteten Profis ein. Kurz vor der Halbmarathon Marke übernahm ich die Führung in der Amateurwertung und die wollte ich auch nicht
mehr abgeben. Am Eingang zum Energy Lab kam mir mein Kumpel Maik Twelsiek entgegen. Auch er machte ein gutes Rennen und lag unter den ersten 20. Das motivierte zusätzlich. Nach dem Wendepunkt konnte ich meinen Vorsprung auf den zweiten Amateur schätzen - etwa eine Meile, also gut sieben Minuten lag ich vorne. Ich fing schon damit an meinen Zieleinlauf zu planen...
Eine dumme Idee wenn man noch 12 Kilometer laufen muss. Also ermahnte ich mich zu mehr Konzentration auf die nächsten Schritte und die Verpflegung. Ich war noch lange nicht im Ziel! Allerdings fühlte ich mich nie wirklich schlecht und hatte die eigenartige Zuversicht, dass ich mein Tempo halten würde und so auch niemand in der Lage war mich einzuholen.
Auf dem Rückweg in die Stadt überholte mich auch keiner mehr – außer Chrissie Wellington.
Die überragende Führende des Profi-Frauenfeldes war
zwar virtuell 15 min hinter mir aber durch einen extrem schnellen Marathonlauf (2:57h!) lief sie an mir vorbei.
Mein Plan war es auch unter 3 Stunden zu laufen aber ich traf auf den letzten 6 km die Entscheidung, den roten Bereich nicht zu betreten um die gute Platzierung nicht durch einen Einbruch zu gefährden. Mit Yvonne hatte ich besprochen, mit vollem Bewusstsein ins Ziel zu kommen und nicht im Medical Tent zu enden.
Also konnte ich den letzten Kilometer liv
e und in Farbe voll genießen. Unter neun Stunden, erster Amateur und auch im Gesamtfeld unter den ersten 30 – alles was ich mir mal erträumt hatte, hatte ich erreicht. Die Laufzeit war mir da egal – die war so oder so top.
Das einzige „Hindernis“ zwischen mir und der Ziellinie war Chrissie Wellington. Die Gesamtsiegerin führte trotz Plattfuß mit einem riesen Vorsprung und ließ sich entsprechend feiern und ich war ca. 20m dahinter. Traditionsgemäß kugelt sich „Muppet“ immer mit der „Blazeman-Rolle“ über die Ziellinie. Was also tun?
Vorbeisprinten? Umstoßen? Drauflegen? Ar**loch sein? Nach fast neun Stunden Wettkampf hatte ich jetzt auch noch 20 Sekunden Zeit zu warten. Der Applaus war gewaltig und ich genoss das Ganze mit jeder Haarspitze. Ich konnte dann auch irgendwann über die Ziel und räumte erst mal den Union Jack beiseite. Und da sah ich es: das original „30th Ironman World Championchip“-Zielbanner lag ungenutzt auf dem Boden...die Gelegenheit meine Platzierung entsprechend zu feiern.
Nach 8:52:26 h ein gutes Motiv für ein einmaliges Finisherfoto.
Im Gesamtfeld ergab das den 20. Platz! Erster Amateur zu sein war da nur noch die Sahne auf dem Kuchen.
Hinter dem Ziel war die Stimmung dann ausgelassen. Alle drei Lemgoer (Maik Twelsiek, Flemming Neumann und ich), unser Mitbewohner Richard van Diesen und mein alter Triathlon-Kollege Daniel Blankenfuland kamen erfolgreich, gesund und zufrieden ins Ziel. Immer gut wenn man niemanden trösten muss und alle einen guten, lehrreichen Tag hatten.


Bleibt mir nur noch mich bei allen zu bedanken, die den Erfolg, ja eigentlich diese ganze Entwicklung dahin, ermöglicht haben: meiner Frau Yvonne, meinen Eltern und meiner ganzen Familie, den Lemgoer Trainingskollegen, Susanne fürs schwimmen, Sabine fürs einrenken, Matthias fürs natural running, Verena für die coole Fanpost, uvm. ...
Natürlich auch meinen Ausrüstern Quantec Bikes, PowerBar, Sailfish Wetsuits, FFWD Wheels, Ironman Active Wear und den Sponsoren Korda Ladenbau, Packpoint und Lars von der Deutschen Vermögensberatung.
Man sieht: Alleine schafft man gar nichts!
Danke an Alle.

Am Ende noch ein Auszug aus meinem e-mail Postfach der mich denken lässt:
“I think I did all right!“

Congratulations on your win at Kona! Not only did you win, you
showed true sportsmanship at the finish line. Your slowing
down to
let Ms. Wellington have her moment showed what a true sportsman you
are. Too many people in our sport forget about being courteous and
only think of themselves. Your finish was my favorite part of
yesterdays race.
Savor your win and take a few days off! You earned it.

Cheers
Eric

Right On!

Clemens

PS: verabschiede mich in die Saisonpause, gewöhne mich ans Eheleben (nicht schwer ) und überlege wie es weitergeht ( bin da gerne für Vorschläge offen...)

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Clemens,

auch hier nochmal Herzlichen Glückwunsch zu Deinem tollen Rennen.

Mein Vorschlag: Lös das Profiticket, und mach Dich auf Sponsorensuche, dann ist sicher noch einiges bei Dir drin. Vielleicht kalppts dann nächstes Jahr mit den Top 10. ;)

VG
Benjamin

Kathrin hat gesagt…

Hi Clemens, war neugierig und wurde nicht enttäuscht, als ich in Deinen Blog schaute! Herzlichen Glückwunsch zur genialen Leistung und viele Grüße vom "Sonntagskind"

Walter Dür hat gesagt…

Herzlichen Glückwunsch!
Habe heute einen kleinen Eintrag auf wikipedia erstellt ....
Gruß vom Bodensee!